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ENGLISH TEXT VERSION Die Verführungskraft des Eigenartigen | Roland Nachtigäller
Fortsetzung von Seite 2
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... tritt die narrative Lust des Betrachters um so mehr in den Vordergrund. So fällt es beispielsweise nicht sehr schwer, sich eine Erzählung vorzustellen, in der ein Satz wie „Der Regen hat eine angenehme Temperatur" plötzlich einen Sinn ergeben würde, fern aller Absurditäten und psychopathischen Anklänge. Waldes Ausstellungen und Projekte stecken voller Geschichten, die hinter den Dingen liegen, Geschichten, die man nicht unbedingt wissen muß, die irgendwann zu erfahren aber lustvoll in die Tiefe seines querdenkerischen Kosmos führen, und Geschichten, mit denen man selbst an bestimmte Objekte und Installationen anknüpfen kann.

Der Regen hat eine angenehme Temperatur  
S. 1, 3
Woobie #2 S. 2
Handmates S. 2
Sleeping Beauty S. 2
Switch S. 2
Tie or Untie S. 2
Can You Give Me Something? S. 2 Gleichzeitig weist er dem Subjektiven, das in dieser Art erzählerischen, auch lückenhaften Berichtens steckt, einen hohen Stellenwert hinsichtlich der Realitätswahrnehmung zu. Seinen Zeichnungen und Postern haftet stets ein filmisches Element an, sei es, daß er ganze Serien anfertigt wie für Loosing Control, sei es, daß er innerhalb eines Bildes im Stil mittelalterlicher Simultandarstellungen oder heutiger Comic strips ganze Abfolgen von Ereignissen unterbringt. Obgleich die Poster der Enactments ebenso wie die Clips of Slips mit den objektivierenden Mitteln Film und Fotografie arbeiten,
dreht Walde das dokumentarische Prinzip quasi um: Erst in der Bearbeitung dieser Bilder mit dem Zeichenstift, d. h. indem der geistige Raum der umherschweifenden Erinnerung den nur scheinbar so klar strukturierten städtischen Raum in Foto und Video überlagert, werden die beunruhigenden Ereignisse und Erlebnisse faßbar und erhalten eine beschreibbare Realität. Dieses Prinzip der Überblendung und Verwischung der Bildwelten wird schließlich auch in seinen Installationen deutlich: Walde mißtraut der objektivierenden Sicherheit der Dokumentation so weit, daß er weder Film noch Foto, weder physikalischem
Phänomen oder chemischer Reaktion eine A-priori-Wahrheit zugesteht erst in der radikalen Subjektivierung, in der Überarbeitung und Transformation durch Erinnerungen, Sehnsüchte, Phantasien oder individuelle Ideen entsteht für ihn ein gültiges Bild der Welt. Durch diese allerdings folgt ihm der Rezipient ähnlich verwundert suchend und fasziniert um Ordnung ringend wie der Besucher seiner Installation Der Duft der verblühenden Alpenrose.
NOFF #4 S. 2, 4
Enactments S. 2, 3
Loosing Control S. 3
Clips of Slips S. 3
Der Duft der verblühenden Alpenrose  
S. 3
Shrinking Bottles/ Melting Bottles  
S. 4
   
   
   
   
     
   
 
 
– Poetisierung als Analyse. Mit seiner leichten Tendenz zur kommunikativen Sinnlosigkeit, zur pragmatischen Nutzlosigkeit schwingt in dem Satz „Der Regen hat eine angenehme Temperatur" auch etwas Geheimnisvolles mit, eine über das weite Feld von Assoziation und Unbewußtem führende emotionale Unmittelbarkeit.
AutorInnen:
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